Artikel zum Thema: Kündigungsfrist
Arbeitskräfteüberlassung (Personalleasing)
Nach der aktuellen Sozial- und Wirtschaftsstatistik der Arbeiterkammer Wien betrug die Zahl der Leiharbeitskräfte im Jahr 2010 in Österreich rund 66.000 Personen, das sind mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2000. Der Großteil der Zeitarbeiter sind männliche Arbeiter. Der Anteil der Leiharbeiter an der Gesamtzahl aller Arbeitnehmer betrug 2010 rund 2%.
Die Überlassung von Arbeitskräften ist – mit ein paar Ausnahmen - ein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z 72 Gewerbeordnung (GewO) und im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Eine konzerninterne Überlassung von Arbeitskräften unterliegt weder dem AÜG noch der GewO.
Gemäß § 3 AÜG spricht man von Arbeitskräfteüberlassung, wenn Arbeitskräfte an Dritte zur Arbeitsleistung überlassen werden. Somit gibt es einen Überlasser und einen Beschäftiger, wobei zwischen dem Arbeitnehmer und dem Überlasser sowie zwischen dem Überlasser und dem Beschäftiger jeweils ein Vertrag besteht. Der Arbeitnehmer steht zum Beschäftiger in keinem Vertragsverhältnis. Arbeitskräfte sind entweder Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen (d.h. auch freie Dienstnehmer). Da der wahre wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit maßgebend ist, kann die Arbeitnehmereigenschaft nicht willkürlich durch den Abschluss von Werkverträgen abgeändert werden.
Arbeitgeber der überlassenen Arbeitskraft ist der Überlasser. Ihm obliegen die Pflichten des Arbeitgebers wie z.B. Zahlung des Entgelts und der Sozialversicherungsbeiträge, An- und Abmeldungen von Arbeitnehmern. Als Beschäftigungsort gilt entweder der Standort des Überlassers (bei einem inländischen Überlasser) oder der Standort des Beschäftigers (bei einem ausländischen Überlasser).
Hinsichtlich der Arbeitnehmerschutzvorschriften gilt der Beschäftiger für die Dauer der Beschäftigung als Arbeitgeber. Nach § 6 Abs 4 AÜG ist der Überlasser verpflichtet, die Überlassung unverzüglich zu beenden, sobald er weiß oder wissen muss, dass der Beschäftiger – trotz Aufforderung – die Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht einhält.
Die Haftungsbeschränkungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes gelten gegenüber dem Beschäftiger und dem Überlasser.
Gemäß § 9 AÜG ist die Überlassung von Arbeitskräften in bestreikte oder von Aussperrung betroffene Betriebe verboten. Eine derartige Überlassung gilt als Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis 7.260,00 € bedroht.
Grundsätzlich gebührt der überlassenen Arbeitskraft ein „angemessenes, ortsübliches Entgelt“, das mindestens einmal monatlich auszuzahlen ist, wobei sich die Angemessenheit auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche oder gesetzlich festgelegte Entgelt bezieht. Maßgeblich ist also das kollektivvertragliche, nicht das tatsächlich gezahlte Entgelt. Prinzipiell gebührt das Entgelt auf Basis der vereinbarten Arbeitszeit. Das Risiko, dass der Arbeitnehmer nicht oder nur unter der vereinbarten Arbeitszeit eingesetzt werden kann, trägt daher der Überlasser. Hinsichtlich der Arbeitszeit gelten die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften des Beschäftigers (z.B. Kollektivvertrag).
Das AÜG sieht eine 14-tägige Kündigungsfrist bei Kündigung des Vertrages zwischen Überlasser und Arbeitnehmer vor, sofern keine längere Frist festgesetzt ist (z.B. durch Kollektivvertrag oder Arbeitsvertrag). Für Angestellte gelten die Fristen des Angestelltengesetzes.
Aus dem Ausland überlassene Arbeitskräfte haben, sofern nicht das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz anzuwenden ist, dieselben Urlaubsansprüche wie inländische Arbeitnehmer.
Der Vertrag zwischen Überlasser und Beschäftiger hat zwingend folgende Punkte zu enthalten:
- die Höhe des Entgeltes, die Zahlungstermine und die Urlaubsansprüche
- ein bestimmtes zeitliches Ausmaß der Arbeitsverpflichtung und die Gründe für eine allfällige Befristung
- die Kündigungsfristen
- die voraussichtliche Art der Arbeitsleistung
- die Bundesländer / Staaten, in denen die Arbeitskraft beschäftigt werden soll
Darüber hat der Überlasser der Arbeitskraft einen Dienstzettel auszuhändigen.
Insbesondere folgende Bedingungen sind verboten:
- Einschränkung des Entgeltanspruches auf die Dauer der Beschäftigung beim Beschäftiger
- Festsetzung der Arbeitszeit wesentlich unter dem Durchschnitt des zu erwartenden Beschäftigungsausmaßes
- Befristung ohne sachliche Rechtfertigung
- Verkürzung der Verfalls- oder Verjährungsvorschriften
Der Überlasser hat Aufzeichnungen über die Überlassung der Arbeitskräfte zu führen, insbesondere auch Beginn und Ende der Überlassungen für jede einzelne Arbeitskraft. Diese Aufzeichnungen sind mindestens drei Jahre aufzubewahren. Die Daten sind der zuständigen Gewerbebehörde einmal jährlich zum 31.7. zu übermitteln (§ 13 Abs 4 AÜG).
Der Beschäftiger haftet für die Entgeltansprüche inklusive der lohnabhängigen Abgaben als Bürge. Er haftet als Ausfallsbürge im Fall der Insolvenz des Überlassers, und zwar auch dann, wenn er seine Verpflichtungen gegenüber dem Überlasser bereits erfüllt hat. Werden die Ansprüche der Arbeitskraft durch das Insolvenz-Entgelt erfüllt, entfällt die Haftung des Beschäftigers.
Beträgt der Anteil der überlassenen Arbeitskräfte in bestimmten Fachgruppen der Wirtschaftskammer mehr als ein Zehntel der Arbeiter oder der Angestellten, kann der zuständige Bundesminister durch Verordnung den Anteil der überlassenen Arbeitskräfte beschränken bzw. die zulässige Dauer der Beschäftigung beschränken.
Die grenzüberschreitende Überlassung von Arbeitnehmern außerhalb des EWR-Raumes (EU + Norwegen, Island, Liechtenstein) ist grundsätzlich genehmigungspflichtig.
Für Arbeiter ist am 1.1.2011 ein neuer Kollektivvertrag in Kraft getreten, abgeschlossen zwischen dem Fachverband der gewerblichen Dienstleister und dem ÖGB. Für Angestellte gilt der Kollektivvertrag für Angestellte im Handwerk und Gewerbe, in der Dienstleistung, in Information und Consulting.
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